Heute Nachmittag soll die Sonne rauskommen, aber kaum sitzen wir beim Frühstück zeigen sich die ersten Wolkenlücken. Also schnell zusammengepackt und los geht's! Es kommt sofort ein steiler Anstieg auf 300 m Höhe mit starkem Gegenwind, der aber durch viele Rentiere mit Babyrentieren (!) und grandiosen Aussichten versüßt wird. Danach wieder runter fast bis auf Meereshöhe und hier liegt unser heutiger Campingplatz, auf dem wir für 2 Nächte eine Hütte gebucht haben. Wir holen aber nur den Schlüssel und werfen einen kurzen Blick in die Hütte, denn die Bewertungen waren alles andere als doll. Ist aber alles vollkommen in Ordnung. Unser Gepäck lassen wir nicht hier, denn Christina meint, dass wir das Gepäck jetzt fast 3.700 km mitgeschleppt hätten und dass es so aussähe, als hätten wir unseren Camper hinter der Ecke geparkt, wenn wir ohne Gepäck ankommen, und da hat sie Recht! Umso mehr, als wir schon wieder unsere "fröhlichen" Boning-Norddeutschen treffen, die 2 Hütten weiter eingecheckt haben, und die auch gleich weiterfahren wollen - ohne Gepäck... Jetzt wird die Straße enger und der Verkehr dichter, und hier sind auf einmal auch all die skurrilen Gestalten unterwegs, von denen uns immer erzählt wurde: ein Tuktuk aus Deutschland, ein Trecker mit Anhänger, die Joggerin aus Italien, die uns anscheinend zwischenzeitlich wieder überholt hat 🙈 (sie joggt übrigens von Alta bis zum Nordkap), klapprige Rennräder, Tandems, Liegeradtandems, auch noch weitere Ebikes, und den Vogel schießt ein entrückter Einradfahrer mit Tropenhelm und Fliegerbrille aus Sizilien ab, der nach 3 Monaten Fahrt auf seinem Einrad hier angekommen ist. Nur Giorgio treffen wir nicht und machen uns ein paar Sorgen... Es geht bei sehr starkem Verkehr nochmal steil bergauf und dann haben wir es tatsächlich geschafft: vor uns liegt das Nordkap. Erst ist es in dichten Nebel gehüllt, doch je näher wir kommen umso weiter geht der Nebel in Richtung Meer zurück! Wir brauchen als Radfahrer keinen Eintritt für das Museum zu zahlen und werden darauf hingewiesen, dass wir auf dem gesamten Gelände kostenlos zelten dürfen... Wir fahren dann an allen Parkplätzen vorbei bis ganz vorne an die Kugel und können es kaum fassen: WIR SIND ANGEKOMMEN! Heute vor 10 Wochen sind wir in Birkelbach gestartet und 3.703 km später sind wir da! Wir feiern uns und werden von den Umstehenden gefeiert, Unmengen an Fotos werden geschossen, und es ist wirklich ein ganz besonderer Augenblick, und wir sind überwältigt!!! Es ist zwar eiskalt (7 Grad bei böigem Nordostwind), aber (im Gegensatz zu den ganzen letzten Tagen) trocken und immer mal wieder blinzelt die Sonne durch. Dann kommen unsere Freunde aus Norddeutschland an und disqualifizieren sich endgültig, als sie auf unsere Frage, wie sie es hier finden, antworten: "Sehr ungemütlich" 😱😵‍💫 Na dann viel Spaß noch beim Mosern, aber ohne uns! Wir erkunden das Gelände, das einiges an Aussichten, Denkmälern und Weitläufigkeit zu bieten hat, und erst als wir richtig durchgefroren sind, gehen wir ins Besucherzentrum um Kaffee und Sekt (Dank an Heike L.) zu trinken! Hier ist es total gemütlich, und wir ergattern einen Fensterplatz mit direktem Blick auf den nördlichsten Punkt Europas! Auch die nächsten Stunden vergehen wie im Flug (die Querulanten sind längst wieder abgereist 😉), es wird aber immer voller, weil eine Busladung Menschen nach der anderen ausgespuckt wird, und jetzt wäre ein Foto allein auf der Kugel gar nicht mehr möglich... Heute werden wir ständig auf unsere Reise angesprochen, sobald wir uns in der Nähe von unseren Fahrrädern aufhalten, u.a. von einem Ehepaar aus der Schweiz, die für ein Jahr mit dem Womo unterwegs sind (...) und von einem Paar aus dem Sauerland, die mit dem Kreuzfahrtschiff reisen und einen Ausflug zum Nordkap gebucht haben und die auch Birkelbach gut kennen (wegen Beusse 😉). Wir besuchen das Museum und schauen uns den Film an, und langsam stellt sich die Frage, wie wir den Tag weiter gestalten. Wir haben ja immer noch nicht die Mitternachtssonne gesehen, und das Wetter wird stündlich besser... Was wäre spektakulärer als die Mitternachtssonne direkt am Nordkap? Also beschließen wir irgendwann, den teuersten Wildcampingplatz aller Zeiten zu suchen (diese zeichnen sich ja eigentlich dadurch aus kostenlos zu sein, aber schließlich haben wir ja für eine feudale Unterkunft heute Nacht schon bezahlt 🙈 - aber egal, dann muss die Hütte halt heute auf uns verzichten 😉). Zunächst gönnen wir uns ein tolles Abendessen mit spektakulärem Blick und spritzigem Getränk (danke Daggi!) und dann suchen wir lange nach einer geeigneten Stelle, denn das ist hier in der Steinwüste gar nicht so einfach. Irgendwann finden wir ein geeignetes winziges Stück Wiesenfläche, das zwar sehr schief ist, aber einen grandiosen Blick nach Norden und damit auf die Mitternachtssonne bietet. Und so beobachten wir stundenlang aus dem geschützten Zelt heraus mit Sonnenbrillen, wie die Sonne im Norden sehr hoch am Himmel steht 🙈 (wir hatten gedacht, dass sie ganz knapp über dem Horizont wandert, aber sie steht wirklich hoch am Himmel!), wie bis 02.00 h immer neue Busladungen anrollen und es erst danach ruhiger wird (also wir empfehlen mittags am Nordkap zu sein!) und versuchen dann noch das ein oder andere Auge zuzumachen...

So eine phantastische, problemlose Reise bisher - wir können es kaum fassen und bedanken uns ganz ganz herzlich bei allen für die motivierenden Worte während der Fahrt und die vielen Glückwünsche heute!!! Ach ja, wir sind zwar hier angekommen, aber wir müssen ja auch noch wieder zurück, und daher geht der Blog weiter für alle, die sich so daran gewöhnt haben 😉, für uns, damit wir nachher noch wissen, wie alles war, und bei allen anderen bedanken wir uns, dass ihr uns so lange die Treue gehalten habt und immer mal wieder bei uns reingeschaut und uns motiviert und inspiriert habt!!!